Ausblick: Wie entwickeln sich die Zinsen?

by | Feb 13, 2019 | Finanzieren, Investieren

Expertenmeinung von unserem Beiratsmitglied Dr. Daniel Stelter

Keine Frage ist für Sparer, Investoren und Schuldner 2019 so relevant wie die Frage nach der Entwicklung der Zinsen. Kommt es zur vielfach erwarteten Zinswende? Werden die Zinsen, nachdem sie mehr als dreißig Jahre lang gesunken sind, anfangen, zu steigen? Welche Folgen hätte ein Zinsanstieg?

Ein – wie auch immer ausgelöster – Anstieg des risikofreien Realzinses würde sich überproportional im allgemeinen Zinsniveau niederschlagen, denn die Fähigkeit der Schuldner, ihren Verpflichtungen nachzukommen, nimmt ab, sobald die Zinsen steigen. Da die Qualität der Schuldner in den letzten Jahren dramatisch gesunken ist, wäre eine Flucht der Investoren aus den dann wieder als hoch-riskant angesehenen Papieren die Folge.

Steigt der risikofreie Zins nun an, schlägt sich das überproportional im Markt für Unternehmensanleihen nieder. Über Nacht ist das Kreditausfallrisiko wieder präsent. Die Zinsdifferenz (der sogenannte „Spread“) würde schnell und deutlich steigen, was zu einer erheblichen Verteuerung der Unternehmensfinanzierung und zugleich zu erheblichen Verlusten für die Anleger führt. Dies wiederum würde nochmals den Druck auf die Märkte erhöhen. Ein sich selbst beschleunigender Abstieg käme in Gang. Erste Pleiten würden den Prozess weiter beschleunigen. Historische Beispiele gibt es dafür genug. Zuletzt war zum Höhepunkt der Finanzkrise zu beobachten, dass Anleihen, die zuvor noch als solide eingestuft wurden, dramatisch an Wert verloren

Dies zeigt, dass wir uns einen Anstieg der Zinsen eigentlich nicht leisten können.

Deshalb gehen die Optimisten davon aus, dass die Notenbanken einen Zinsanstieg um jeden Preis verhindern werden. Gelang es doch in den letzten 70 Jahren, eine Deflation zu verhindern und jede Krise mit noch mehr und noch billigerem Geld zu unterdrücken. Warum sollte es also nicht bei der nächsten Krise wieder funktionieren?

Die Frage ist berechtigt. Bisher gibt es keinen Grund an der Allmacht der Notenbanken zu zweifeln. Natürlich ließen sich auch im historischen Vergleich noch tiefere Realzinsen durchsetzen. Natürlich könnten die Notenbanken zur direkten Finanzierung der Staaten übergehen, natürlich könnten die geldpolitischen Helikopter zum Einsatz kommen und das Geld über den Städten abwerfen. Natürlich könnten die Notenbanker eine noch größere Blase an den Märkten aufpumpen.

Andererseits sind die Notenbanken schon einen weiten Weg gegangen. Es besteht die realistische Gefahr, dass das Vertrauen in unsere Geldordnung bei weiteren drastischen Interventionen der Notenbanken abnimmt. Die politische Akzeptanz für weitere Maßnahmen dürfte auch sinken. In Europa, weil die Maßnahmen der EZB immer auch eine Umverteilung zwischen den Mitgliedsländern bedeuten, der jegliche demokratische Legitimierung fehlt. In den USA, weil eine immer größere Gruppe an Politikern die Rettungspolitik der Notenbanken kritisch sieht.

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