Alles wird gut, möchte man angesichts der hoffnungsvoll stimmenden Nachrichten über bald bereitstehende Covid19-Impfstoffe sagen. Und zumindest die Finanzmärkte stimmen in dieses Credo mit ein. Doch ist das nur eine Moment-Aufnahme oder schon ein Signal für einen weltweit synchronen Aufschwung?
Die Ankündigung, dass gleich mehrere Impfstoffe gegen das Virus noch innerhalb dieses Jahres eine Zulassung bekommen könnten, hat nicht nur die Kurse der jeweiligen Pharma-Unternehmen nach oben schnellen lassen, sondern auch die Börsen generell beflügelt. Obwohl viele Details – wie beispielsweise die Distribution der Vakzine – noch nicht geklärt sind, wird der Aufschwung auf den Märkten quasi vorweggenommen. Das gilt sowohl für die Entwicklung der Realwirtschaft, als auch für die Chancen an den Kapitalmärkten. Weltweit sind Investoren optimistisch gestimmt. Die Frage ist jedoch: Welche Faktoren können diese Entwicklung beeinflussen? Und an welchem Ausgangspunkt stehen wir tatsächlich?
Noch ist Corona omnipräsent
Der makroökonomische Hintergrund ist derzeit mit Sicherheit konstruktiver als noch im Sommer oder gar im Frühjahr. Obwohl die zweite Infektionswelle seit Wochen rollt, hat es die Wirtschaft bislang nicht so hart getroffen. Das liegt zum einen daran, dass die Regierungen in Europa einen kompletten Lock-Down bisher zu vermeiden versucht haben. Der internationale Warenverkehr beispielsweise läuft weitgehend ungehindert – das war während der ersten Welle nicht der Fall. Zum anderen hat man aus den Erfahrungen der Krise im Frühjahr gelernt, das schafft in vielfacher Hinsicht eine bessere Basis. Das ist die gute Nachricht.
Unsicherheitsfaktor USA
Doch noch steigen die Covid19-Infektionszahlen in den meisten Ländern weiter oder stagnieren zumindest auf hohem Niveau. Die USA kämpfen gegen eine dritte Welle, käme es dort zu neuen Lockdowns, hätte das sicherlich eine schwächere Konjunkturaktivität zur Folge. Hinzu kommt, dass eine Einigung im Kongress auf das von der Wirtschaft so dringend benötigte Stützprogramm noch nicht in Sicht ist – das spielt für die Entwicklung der Finanzmärkte weltweit ebenfalls eine grosse Rolle.
Power-Prognose mit kleinen Schönheitsfehlern
Diese recht ambivalente Gemengelage macht eine exakte Prognose schwierig und dennoch: die Ankündigung der Impfstoffe und die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zur Normalität ist ein euphorisierendes Signal. Selbst nochmalige, durch Corona verursachte konjunkturelle Rückschläge – so die Rechnung vieler Finanzexperten – könnten nach dem Beginn einer flächendeckenden Impfung rasch ausgeglichen werden. Sie erwarten eine Rückkehr des BIP in der Eurozone auf Vor-Corona-Niveau bis Ende 2022. Die Fähigkeit zu einer schnellen wirtschaftlichen Erholung habe sich bereits in diesem Sommer gezeigt, heisst es.
Investoren behalten diese Entwicklung im Auge. Es ist klug, sich jetzt schon Gedanken über die Zeit nach der Pandemie zu machen.