Chancen digitaler Geschäftsmodelle für etablierte Unternehmen und Start-ups

Getrieben durch die Coronakrise hat die digitale Transformation den Turbogang eingelegt. Vom einen auf den anderen Tag war grossflächig Homeoffice angesagt, Schulen haben auf E-Learning umgestellt, Meetings fanden nur noch online statt. Was bis vor Kurzem unmöglich schien, ist zum Alltag geworden.

In den vergangenen Jahren war es hip, sich über disruptive Technologien zu unterhalten und mit Start-up Themen auseinanderzusetzen – aber bei der Politik und in den Chefetagen vieler Unternehmen war Digitalisierung nur ein Nebenschauplatz. Das hat sich nun schlagartig geändert.

Die Covid-Krise ist ein Wendepunkt der Digitalisierung. Der Zusammenhang zwischen Digitalisierungsgrad und Wettbewerbsfähigkeit wird immer deutlicher. Amazon, Digitec Galaxus und weitere E-Commerce-Anbieter bauen ihre Marktmacht weiter aus, während traditionelle Unternehmen zum Teil vor dem Aus stehen. Ein digitales Geschäftsmodell, automatisierte Prozesse und datengetriebene Entscheidungen werden zum Wettbewerbsvorteil – und dies nicht nur in der Covid-19-Krise, sondern nachhaltig und zukünftig.

Beispiel von Gewinnern: Die Fintech-Branche

Ein weiteres Beispiel einer Branche, die dank der Digitalisierungswelle kräftig Auftrieb erhalten hat, ist die Fintech-Branche. Vor wenigen Tagen ist eine Studie des Schweizer Brancheverbands Swiss Finance Startups erschienen: 83% der befragten Mitglieder gaben an, dass sie gerade in der Krise grosse bis sehr grosse Chancen für die Fintech-Industrie sehen. Auch nutzen die hiesigen Start-ups die Zeit, um neue Opportunitäten zu identifizieren und ihr digitales Angebot noch weiter auszubauen. Zudem wird weiter investiert: 55% der befragten Unternehmen stellen zurzeit ein, nur 7% leiten Sparmassnahmen ein.

Ausserdem gaben 65% der Mitglieder an, dass sie (kräftiges) Wachstum verzeichnen. Das deckt sich mit den Ergebnissen einer Fintech-Umfrage in Deutschland, die Ende März von dem Branchenmedium Finance Forward durchgeführt wurde. Demnach gehen mehr als 40 Prozent von steigenden Umsätzen in den kommenden drei Monaten aus (im Vergleich zu den drei Monaten zuvor). Weiterhin wollen 80 Prozent der Befragten im kommenden halben Jahr noch neue Mitarbeiter einstellen. Langfristig glaubt eine Mehrheit der deutschen Fintech-Unternehmen, dass sie von der Corona-Krise profitieren sollte.

Genau dies spiegelt auch die aktuelle Entwicklung auf der Fremdkapitalmarkt-Plattform Loanboox wider. Auf dieser werden Grossunternehmen und öffentlich-rechtliche Schuldner mit institutionellen Anlegern und Banken zusammengebracht

Die Nachfrage nach digitalen Finanzierungen auf der Plattform hat während der Corona-Krise den Höchststand erreicht. Im März und April 2020 wurde das Volumen an Finanzierungsanfragen gegenüber dem Vorjahr um 100% gesteigert, das abgeschlossene Volumen gar um 125%. Insgesamt wurden 250 Anfragen über ein Volumen von CHF 4 Mrd. angefragt, davon wurden 103 abgeschlossen, was CHF 1.7 Mrd. entspricht. Es wurde beobachtet, dass sowohl von öffentlich-rechtlichen Kreditnehmern wie auch Grossunternehmen vermehrt Liquidität gesucht wurde. Investoren waren etwas zurückhaltender mit Angeboten, jedoch wurden diese in den letzten Wochen wieder aktiver. Die Spreads haben sich merklich nach oben bewegt und liegen im Schnitt ca. 45 Basispunkte höher als im Februar. Also speziell auch für Investoren, die sichere Anlagemöglichkeiten suchen, eine spannende Zeit.

Kollaboration statt Konkurrenz

Verständlicherweise haben viele Grossunternehmen, speziell auch im Finanzsektor, die Hände voll zu tun damit, die Auswirkungen der Krise auf das Tagesgeschäft und die Mitarbeitenden zu regeln. Deswegen sind pragmatische Lösungen gefragt. Da bieten sich in vielen Fällen Kooperationen an, beispielsweise mit Start-ups, die Innovationen vorantreiben.

Ein Beispiel einer solchen Kooperation ist die Zusammenarbeit der Deutschen Kreditbank AG mit Loanboox. Am 2. April, mitten in der Corona-Krise, haben die beiden Unternehmen ein neues Produkt auf den deutschen Markt gebracht: Direktdarlehen. Damit wird der gängige Kreditaufnahme-Prozess umgekehrt, digitalisiert und vereinfacht. Bisher wurden rund 60 Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro vermittelt. Für die Zukunft ist die Anbindung weiterer Kreditgeber vorgesehen.

Einige weitere erfolgreiche Beispiele sind Sonect mit der Hypothekarbank Lenzburg, VIAC mit der WIR-Bank sowie Lendico mit ING und Penta mit der Volksbank Bielefeld-Gütersloh. 

 

Es bewegt sich einiges. Und es gibt zahlreiche weitere Anknüpfungspunkte, wie etablierte Unternehmen mit Start-ups arbeiten können, um ihr eigenes Geschäftsmodell krisenresistenter und digitaler zu gestalten. Denn die Krise ist auch eine Chance und ermöglicht eine Neuausrichtung der Strategie. Wie soll es nach Covid-19 weitergehen? Mit welchen Partnern? Mit welchen Technologien und Unternehmen?

Unsere Türen sind offen – seit Montag sogar auch wieder physisch. Wir freuen uns auf die Diskussionen und Anregungen.

 

Dieser Beitrag ist erstmals am 09.06.2020 auf der InTech Website erschienen.

 

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