Yann Constantin erklärt den Grund für Negativzinsen auf den Gemeinde-Konten und gibt seine Empfehlungen und Prognosen.

Yann Constantin
Stellvertretender Direktor

Leiter der Abteilung Finanzen & Handel

Neuenburger Kantonalbank

Warum müssen Gemeinde Negativzinsen zahlen?

Das betrifft alle Wirtschaftsakteure in unserem Land, nicht nur für die Gemeinden. Denn alle sind von der seit 2015 von der Schweizerischen Nationalbank verfolgten Geldpolitik betroffen. Diese zielt darauf ab, unsere Wirtschaft zu stützen und die Attraktivität des Frankens, eines Schlüsselfaktors für unsere Exportindustrie, zu schwächen. Die Kreditnehmer haben von den immer günstigeren Konditionen für ihre Kredite und Hypotheken profitiert – und auch die Kommunen haben sich dies zunutze gemacht, um ihre Zinslast zu senken. Neue Akteure wie Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds sind ebenfalls aufgetaucht und haben den Kreditnehmern billige Liquidität zur Verfügung gestellt. Damit eine Bank ihre Rolle als Förderer der Wirtschaft, als Depotbank für Sparer und als Kreditgeber für Kunden erfüllen kann, muss sie eine Zinsspanne zwischen der Passiv- und der Aktivseite ihrer Bilanz erwirtschaften. Es ist daher nur logisch, dass eine Bank heute einem Kunden keinen Kredit zu negativen Zinssätzen gewährt und ihm gleichzeitig eine Vergütung für die bei ihr eingelegten Gelder zahlen kann. Es ist jedoch anzumerken, dass ein solides Liquiditätsmanagement und eine enge Beziehung zur eigenen Bank oft Lösungen ermöglichen, damit das Problem der negativen Zinssätze nicht zu einem wiederkehrenden Problem wird.

Warum neigen die Banken dazu, die Limiten für Gemeindekonten zu senken?

Im Zusammenhang mit negativen Zinssätzen berücksichtigt die Bank die gesamte Beziehung mit dem jeweiligen Kunden. Bei der Bank deponiertes Bargeld wird von der SNB mit -0,75 % belastet. Das bedeutet bei einer Million CHF 7‘500 pro Jahr. Diese Elemente müssen mit dem Kunden diskutiert werden, um eine faire Lösung für die Aufteilung der Kosten zu finden.

Was empfehlen Sie den Gemeinden, die Negativzinsen zahlen müssen?

Es geht darum, die Mittelzuflüsse und -abflüsse so genau wie möglich zu steuern, was jedoch nicht immer einfach ist. Vor allem bei langfristigen Darlehen würde ich eine Staffelung der Auszahlungstermine empfehlen. Eine gestaffelte Auszahlung ermöglicht es, den Geldeingang auf dem Konto mit den Rechnungszahlungen abzustimmen. Diese Vorgehensweise ist vor allem bei grösseren Investitionstätigkeiten sinnvoll und verhindert, dass zu viel Bargeld auf dem Konto verbleibt. Wichtig dabei: Die negativen Zinssätze sollten eine Kommune nicht dazu veranlassen, Kredite aufzunehmen, wenn sie keinen wirklichen Bedarf hat. Den die Schuld muss ja auch zurückbezahlt werden.

Glauben Sie, dass diese Situation andauern wird?

Heute gibt es keine Anzeichen für einen mittelfristigen Paradigmenwechsel des Schweizer Frankens. Die Weltwirtschaft erholt sich in diesem Jahr kräftig, aber in den USA wird vor Ende 2022 keine Zinserhöhung erwartet. Angesichts des niedrigen Inflationsniveaus wird Europa wahrscheinlich länger warten müssen, und die Schweiz wird sicherlich das letzte Land sein, das seine Geldpolitik normalisiert. Das Negativzinsumfeld wird daher wahrscheinlich noch einige Jahre anhalten.