Etwas Grundlegendes vorweg: Neben den Zinserwartungen hängt die aktuelle Wahl einer optimalen Hypothekarfinanzierung immer auch noch von der Risikobereitschaft und -fähigkeit eines Hypothekarnehmers ab. Weshalb unser Head of Real Estate Financing Patrick Zurfluh in der aktuellen Marktsituation einen Hypothekenmix favorisiert, erläutert er in diesem Artikel. 

Achterbahnfahrt auf dem Zinsmarkt und was das für Immobilienfinanzierungen bedeutet

Die aktuellen Zinsmärkte in den USA und in Europa gleichen einer wilden Achterbahnfahrt (Bild: Depositphotos) 

Die Federal Reserve Bank (Fed) steuert auf ein Leitzinsniveau von fünf, wenn nicht gar sechs Prozent zu. Die Europäische Zentralbank (EZB) folgt ihrem US-amerikanischen Counterpart mit einem zeitlichen Verzug und nimmt schon bald die 4-%-Marke ins Visier. Vor gerade einmal drei Jahren, am 15. März 2020, hatte die Fed die Zinsspanne auf 0 bis 0,25% gesetzt und beliess sie dort exakt zwei Jahre. Am 16. März 2022 kam dann die erste Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte. In der Zwischenzeit wurden es stolze 425 Basispunkte mehr – und dies in einem Zeitraum von nur knapp elf Monaten. Die EZB erhöhte derweil (zwischen Juli 2022 und Februar 2023) innerhalb von rund sechs Monaten die Leitzinsen um satte 300 Basispunkte. 

Eine ähnliche Achterbahnfahrt in solche Höhen sah man in den USA zuletzt ab dem Jahr 2003. Sie endete damals (2006/2007) mit einem Zinssatz von 5,25%, dem höchsten Niveau, das die 2000er Jahre bis anhin hervorvorbrachten. Schiesst die Federal Reserve über dieses Niveau dieses Mal noch hinaus? Und mit ihr im Anhang auch die europäischen Währungshüter? Und was bedeutet dies für das Schweizer Leitzinsniveau, welches aktuell bei gerade einmal mickrigen 1,0% liegt und nachdem dieses (seit dem berühmt-berüchtigten 15.1.2015) für mehr als sieben Jahre im negativen Bereich gelegen hatte. 

Um in dem Bild der Achterbahnfahrt zu bleiben: Es ist angebracht, vor dem Beginn einer Fahrt, den Sicherheitsgurt anzulegen. Vor allem, wenn man weiss, dass ein wilder Ritt bevorstehen könnte. Über eine lange Zeit galt ja die Geldmarkthypothek als die günstigste Finanzierungsform. Auch eine langfristige Festhypothek machte in der Tiefzinsphase Sinn, um sich gegen höhere Zinsen abzusichern. 

Finanzierung abhängig von Inflationserwartungen 

Aktuell beträgt die Zinsdifferenz zwischen einer Zehn-Jahres-Festhypothek und einer Geldmarkthypothek gut 80 Basispunkte. Dies entspricht rund 40% des Zinsaufwands einer Geldmarkthypothek. Diese Differenz schrumpft aber, auf nur noch etwa 30 bis 40 Basispunkte, wenn die nächste erwartete Erhöhung beim SNB-Leitzins im März 2023 kommen sollte. In der Folge würden also wiederum Festhypotheken attraktiver. Weitere wichtige Faktoren, die es für Hypothekarnehmer einzurechnen gilt, sind die Entwicklungen bei den Inflationserwartungen und bei der tatsächlichen Inflation. Letztere liegt in der Schweiz aktuell bei knapp 3% – im Vergleich zu Werten von über 10% in den USA oder in verschiedenen EU-Ländern. 

Die Erwartungen der meisten Finanzmarktakteure sehen hierzulande einen leichten Anstieg der Geldmarktzinsen vor – und das über die volle nächste Dekade. Die damit verbundenen Mehrkosten einer Zehn-Jahres-Festhypothek kumulieren sich über die gesamte Laufzeit auf rund 5% des Zinsaufwands einer Geldmarkthypothek. Sollte der Inflationsdruck in den kommenden Monaten und Jahren nachlassen, könnten auch wieder die Leitzinsen und damit die Kosten von Geldmarkthypotheken leicht sinken. Der Mehrzinsaufwand bei einer Zehn-Jahres-Festhypothek würde dann rund 30% betragen. 

Für ein tieferes Inflationsszenario spricht die anhaltende Aufwertung des Schweizer Frankes sowie ein langsames (wenn nicht gar stagnierendes) Wachstum in der Euro-Zone. Effizientere Methoden senken zudem Produktionskosten und somit auch die Preise für ebenjene Güter. Tritt diese Situation ein, so erwarten Marktexperten Leitzinsen in der Spanne zwischen 0 und 1%. Der Mehrzinsaufwand bei einer Zehn-Jahres-Festhypothek könnte dann bei rund 60% liegen. 

Preisspirale mit Schleuderkraft 

Sollte sich jedoch in den kommenden Jahren eine Lohn-Preis-Spirale drehen, müssten Hypothekarnehmer mit einer deutlichen höheren Inflation rechnen. Zudem rechnen die Experten aufgrund des Fachkräftemangels in Kombination mit ungünstigen Demografie-Faktoren (Stichwort: Überalterung der Gesellschaft = weniger aktive Kräfte im Arbeitsmarkt) per se schon mit einem höheren Lohnniveau in Zukunft. Deflationäre Effekte, die man in den vergangenen Jahrzehnten dank Globalisierung in den Produktions- und Logistikketten hatte, fallen zudem weg. So wären dann Leitzinsen in der Schweiz auch wieder über 2 oder 3% möglich. Und in der Folge würde die Zehn-Jahres-Festhypothek zur günstigeren Alternative gegenüber der Geldmarkthypothek, da mit ihr rund 25% gespart werden könnten. 

Ganz gleich, wie man es drehen mag und wie sich die Geld- und Zinsmärkte weiterentwickeln: Eine Zeit der Unsicherheit steht uns bevor und die Achterbahnfahrt setzt sich in den kommenden Monaten oder vielleicht gar Jahren fort. Und vielleicht nicht bei hellem Tageslicht, sondern im dunklen Raum. Daher ist es aus meiner Sicht angebracht, auf einen diversen Hypothekenmix (aus unterschiedlich hohen Zinsen sowie Laufzeiten) zu setzen, um nicht komplett im luftleeren Raum agieren zu müssen. Andernfalls könnte eines Tages die unerwartete Wende kommen – und man mit harten Folgen aus der Kurve fliegen. 

Über den Autor:

Patrick Zurfluh ist Head of Real Estate Financing bei Loanboox. In seinen  Meinungsbeiträgen erklärt er Themen rund um die Finanzierung von Renditeimmobilien sowie das Schuldenmanagement. Dabei gibt er praktische Tipps und Tricks.